Ludwig Drahosch

Kunstmaler • Photograph • Philosoph • Lehrer • Schriftsteller

1969 – 2023

Ludwig Drahosch PH Photo © Rainhard Lehninger

© Photo Rainhard Lehninger

Manchmal schaue ich mich so in der Welt um und dann sehe ich etwas, was mich ob seiner Erscheinung sofort fesselt. So ein Erlebnis hatte ich vor ewigen Jahren, als ich ein Photo von einem Gemälde gesehen habe. Ich weiss nicht mehr welches Bild mich da in seinen Bann gezogen hat. Damals, das war einer diese seltenen Momente im Leben, wo ein Kunstwerk wegen seiner künstlerischen und handwerklichen Qualität den Sinn für ebendiese Attribute einen selbst augenblicklich besser macht. Einfach deswegen, weil da vor einem etwas liegt, das gut ist. 

 

Ludwig Drahosch 20 Jahrhundert

Der Maler des Bildes war Ludwig Drahosch. Ich lernte Ludwig und seine Seelenpartnerin Nina im Netz kennen und wir hatten von Anfang an eine intensive Form der Kommunikation, basierend auf gegenseitigem Respekt. Mit der Zeit lernte ich die Beiden besser kennen und ich lernte Ludwigs Werk näher kennen. Begonnen hatte Ludwigs Leidenschaft für die Kunstmalerei bereits als Kind, als er begann, Motive aus naturwissenschaftlichen Büchern nachzuzeichnen.

Später, als junger Erwachsener vertiefte er diese Studien an der Pathologie der Wiener Universität, wo er hunderte von anatomischen Zeichnungen anfertigte. Seine malerischen Fähigkeiten erarbeitete sich Ludwig in den späten 1980ern, indem er im Wiener Kunsthistorischen Museum die Alten Meister kopierte. Und diese Fertigkeiten erkennt man bei jedem Pinselstrich, in jedem seiner Gemälde und Zeichnungen.

Ich überspringe jetzt einmal die Zeit von Ludwigs Studiums bei Arik Brauer und Adi Rosenblum an der Wiener Akademie der Bildenden Künste, ich denke, die hatten damals alle ziemlich viel Spaß und springe direkt wieder zum Menschen Drahosch. Sich mit ihm zu unterhalten ist auf eine schöne erschreckende Art und Weise normal. Sich mit Ludwig zu unterhalten lässt die Synapsen zünden, man merkt sofort, dass er gerne erzählt und mindestens so gerne auch zuhört. Diese Eigenschaft ist ziemlich selten und macht tierischen Spaß. Denn diese Art der Kommunikation ist die Basis für gegenseitige Inspiration, zwischen Ludwig und zum Beispiel mir, oder zusammen mit mehreren Menschen.

Ludwig hat es geschafft, sich einen wiedererkennenden Stil zu ermalen. Und wie es so bei Künstlern ist, sie sind neugierig und eines Tages wandte sich Ludwig anderen Bereichen zu, ohne jedoch die Malerei zu vernachlässigen. Mit Nina C. Gabriel, ebenfalls eine wunderbare Künstlerin, leitete er für einige Jahre das Ateliertheater in Wien, eine wahrlich heroische Aufgabe wenn man um die mannigfaltigen Schwierigkeiten und Herausforderungen eines Theaterbetriebes weiss.

Ich kann mir Ludwig nicht ohne seine Lebensgefährtin Nina C. Gabriel, vorstellen und wie unglaublich harmonisch die Beiden leben und zusammen wirken, zeigt folgendes Bild mit einem Text von Nina. 

Ludwig Drahosch
Noch
Noch gefangen, (Oder daran wachsend)
baumelt sich am höchsten Ast.
Glüht der Stempel des Verlangens,
Schwere Gnade züchtet Last.
Noch im Nebel, (Oder bald besonnen)
Dämmert triftige Vernunft.
Fehlend Glied ertastet Hebel,
Wo ein Wille, da auch Zunft.
Noch im hier, (Oder eben drüben)
Zwischen Welten flaggenlos.
Ich und Rest ergibt kein Wir,
Welch ein Erbe, welch ein Los!
Noch im Triebe, (Oder Horn am Stier)
Die Pore stönt, der Ast sich bricht.
Ich sterbe hoch, erlange Liebe,
So pflück das Herz, vergiss mein nicht…

N.C.G (11.08.2011)

Und irgendwann entdeckte Ludwig dann die Photographie und begann photographische Gemälde zu schaffen. Wie bei seinen Bildern erzählen auch seine Photos immer eine Geschichte. Da wird nichts mit Effekttaktiken kreiert, hier werden hochwertige Momentaufnahmen erschaffen, die wie seine Gemälde den Betrachter ins Motiv versinken lassen.

Seit einigen Jahren ist Ludwig nun Dozent an der LIK Akademie in Wien, wo er die Fotokunstklasse leitet, in der es nicht nur um Photographie geht, sondern um Themen wie Philosophie, Psychologie, Ethik, Morphologie und Kunstgeschichte. Irgendwann, wenn ich wieder einmal in Wien bin, werde ich Mäuschen spielen und mich in die Vorlesung schleichen.

Schließlich ist Ludwig nun auch unter die Autoren gegangen. Sein erstes literarisches Werk hat den Titel „Simonettas Schatten“. Ich hatte die Ehre und das Vergnügen, diese Geschichte schon vor der Veröffentlichung lesen zu dürfen und diese Erzählung wirkt wie ein geschriebenes Gemälde von Ludwig, Ludwig Drahosch nimmt Einen auf eine Reise mit, eine Reise der Schönheit, zurück in die Renaissance, eine Reise des Wissens. Ich kann das Buch nur empfehlen.

Ludwig Drahosch - Buch Simonettas Schatten

Ludwig Drahosch ist ein Mensch, der nicht in Grenzen denkt und das macht ihn erstens, so spannend und zweitens, ihn macht es zu einem sehr netten Menschen und das ist ja nun auch eine nicht zu unterschätzende Eigenschaft, welche die Menschen zusammenbringt. Ein Künstler, dessen Gemälde manchmal wie Photos aussehen und Photos, die wie Gemälde aussehen und Ludwig vermag es, diese visuellen Eigenschaften, gepaart mit Worten und dem Mut der Phantasie jeden Raum zu geben damit der Leser in seine Welten hinein tauchen kann.

Ludwig Drahosch Collage

Alle Photos mit der freundlichen Genehmigung von Ludwig Drahosch. Photos anderer Urheber sind entsprechend gekennzeichnet.

22. Juni 2023

Es ist nun etwas als eine Woche vergangen, als mich die Nachricht des Todes von Ludwig erreichte und meine Empfindungen waren anderes als ich mir diese vorstellte.

Oft verliert man Freunde und Bekannte und man nimmt es aufgrund der Gründe als gegeben hin, sei es nun eine Krankheit oder auch der Lebensstil. Bei Ludwig war es anders, es war unerwartet und in den ersten Minuten nicht wirklich glaubhaft, nach einigen Minuten aber hat es wehgetan, gefolgt vom ungläubigen Lesen all der Nachrichten, begleitet von einigen Tränen, ausgelöst durch Erinnerungen, seine Worte, seine Bilder.

Nun ist etwas mehr als eine Woche vergangen und ich fühle noch immer diese Trauer, nur eines ist anders. Es scheint so, als haben die Erinnerungen an diesen wundervollen Menschen diese Trauer in ein Licht der Hoffnung getaucht. Eine Hoffnung die Ludwig ausgelöst hat, alleine deswegen weil er war wie er war. Es ist diese Hoffnung ob des Wissens, das alles gut wird, eine Hoffnung für eine bessere Welt, eine Welt in der die Menschen miteinander reden, sich gegenseitig wertschätzen, in der man aufeinander zugeht und den anderen die Schönheit dieser Welt näher bringt, aber sich auch den harten Zeiten des Lebens entgegen stellt.

Nun, da seine Lieben morgen von Ludwig Abschied nehmen und ich nicht nach Wien fahren kann, möchte ich mich an Ludwig erinnern so wie ich ihn wahrgenommen habe.

Selten traf ich einen Menschen mit so einem unglaublichen Tiefgang in einer Menschenseele. Ludwig war nicht nur ein Philosoph nach der klassischen Definition, nämlich alles zu hinterfragen und nichts als gegeben und endgültig hinzunehmen. Er machte sich ernste Gedanken über die Welt ansich, über Kunst und Kultur, dem Wesen des Menschen.

Ich lernte Ludwig den Kunstmaler kennen und ich war sofort von seinen Gemälden begeistert. Der Meisterhaftigkeit seiner Art zu malen, die Tiefe in seinen Bildern. Ich hätte Ludwig gerne einmal beobachtet wie er eine Leinwand mit Leben erfüllt, wie seine Hände und Finger aus Gedanken und Gefühlen Kunst erschaffen. Ludwig war ein wahrer Meister der Kunstmalerei und obwohl ich ein Betrachter von der bildenden Kunst bin und wahrlich kein Experte, seine Bilder waren perfekt und das spürte ich. Ludwigs Können ist in jedem Pinselstrich, im Licht, in seiner Art Motive auf die Leinwand zu zaubern zu sehen. Das Auge sieht, die Seele lächelt.

Manche seiner Bilder zeigen photorealistische Qualitäten, gemalte Photographien, erzeugt durch Farben, Pinsel und Ludwigs ganzheitliche Empfindungen als Künstler und Mensch, andere Bilder sind einfach nur nahezu perfekte Photographie. Ludwig hätte in jedem Zeitalter der Menschheitsgeschichte als Künstler, als Philosoph bestehen können. Die Gunst seiner Künstlerkollegen wäre ihm sicher gewesen.

Ludwig war auch ein Künstler der sich weiterentwickelt hat und so war es kein Wunder, dass er sich der Photographie zugewandt hat. Die Evolution des Talents, die Neugier als Auslöser einer Suche um etwas Neues kennenzulernen und Eigenständiges zu erschaffen. Und es ging immer weiter mit der Suche in seinem Leben. Ludwigs Leidenschaft für die Renaissance, eine Epoche die ich schätze und auch irgendwie liebe, denn damals wurde zwischen Kunst und Wissenschaft kein Unterschied gemacht, beide Bereiche ergänzten und inspirierten sich. Man erkannte, das Eine wird durch das Andere besser und interessanter.

Ludwig begann eines Tages seine Interessen und Gedanken niederzuschreiben und er schreib eine wunderschöne Geschichte über die Schönheit des Lebens, der Schönheit ansich, eine Zeitreise in die Renaissance. Ich hatte das Vergnügen und irgendwie auch die Ehre, eine der ersten Fassungen zu lesen und ich war begeistert von dieser Geschichte. Es war so, als hat Ludwig den Kreis geschlossen, seinen Kreis der alles beinhaltete was Ludwig war. Seine Gemälde, die Photographie, die Philosophie und schließlich das Wort, das alles miteinander verbindet.

Ich muss zugeben, mit dem Tod habe ich so meine Probleme. Darüber zu schreiben wenn es um einen Menschen geht und nicht um fiktive Figuren, macht es nicht einfacher. Am Schwersten ist es aber, wenn der Tod einen Menschen wie Ludwig besucht und ihn uns allen wegnimmt. Ludwig hat mich in so vielen verschiedenen Bereichen beeindruckt und inspiriert und als Mensch konnte er nicht mehr höher steigen. Er war nie der Schulmeister, Ludwig hatte die Gabe die Menschen mitzunehmen, sie hörten ihm zu, einfach deswegen weil er viel zu sagen hatte.

Nun kommt der Moment am morgigen Tag, der bedeutet, Abschied von seiner körperlichen Existenz zu nehmen und ich umarme alle seine Lieben, seine Familie und ganz besondern Nina die ihren Seelenmenschen verloren hat, aber nie alleine sein wird.

Ich schaue mir seine Bilder an, seine Photos, lese seine Worte und all das erzählt mir die schönen Geschichten des Lebens, schenkt mir Eindrücke, zeigt mit das Positive, die Liebe zu dem was man gerne macht, öffnet neue Welten. Beinahe kann ich sehen wie er erzählt, malt, singt und lächelt.

Allen seinen Lebensmenschen wünsche ich die Kraft diesen Verlust zu überwinden, ich weiß, zusammen werden sie es schaffen. Denn, und das weiss ich auch, Ludwig wird immer für alle da sein, in Gedanken, in Erinnerungen. Er wird weiterleben, präsent sein, er wird weiter Antworten geben die anderen weiterhelfen werden und es vielleicht auch erreichen, durch das was Ludwig gelebt hat, auch als Menschen zu wachsen. Denn sein Vermächtnis ist nicht nur seine Kunst, sein Vermächtnis ist seine Existenz als Mensch, als Künstler, als jemanden, für den die Welt und die Menschen viel zu interessant und wichtig waren um still zu bleiben und alles widerspruchslos hinzunehmen.

Nun mein lieber Ludwig ist es an der Zeit Dir eine gute Reise zu wünschen und Dir zu danken für der Mensch und Freund der du gewesen bist. So wie ich Dich kenne, wirst Du nicht an einem Ort bleiben, Du wirst weiterreisen, neue Menschen kennenlernen und die Unendlichkeit erfahren und alle die Du auf Deinen Reisen kennenlernen wirst, die werden Dich genauso lieb haben, wie wir es tun. Und Du wirst, wie Du es immer getan hast, das Leben derjenigen die Dich kannten, kennen und kennenlernen werden, bereichern.

Du warst nicht, meine Freund, Du bist.

Machs gut… Der Armin

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